Gut besucht war der Prüferlehrgang, den der TV Jahn für den KDNW am Sonntag, 03.04.22 in der Kampfsporthalle Tokio ausrichtete. Angereist waren Danträgerinnen und Danträger der Stilrichtung Goju-Ryu, die eine Lizenz zur Abnahme von Kyu-Prüfungen erlangen oder verlängern wollten. Unter Leitung von Frank Beeking, 8. Dan und Mitglied der Bundes-Prüfungs-Kommission Goju-Ryu im DKV galt es, die Anforderungen die zum Bestehen einer Gürtelprüfung erfüllt sein müssen näher zu betrachten, Bewertungskriterien klar zu beschreiben und anzuwenden. Einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern ging es gar nicht um eine Lizenz, sie wollten als Übungsleiterinnen und Übungsleiter einfach ihre Fähigkeiten in der Vorbereitung von Karate-Ka auf Kyu-Prüfungen optimieren.
Nach der Begrüßung gab Frank Beeking einen kurzen Überblick über die Ablaufplanung und regte an, dass alle Teilnehmenden auch Wünsche zum Ablauf oder offene Fragen, auf die sie Antworten suchen, einbringen. Danach folgte ein leichtes Mobilisationstraining unter Leitung von Klaus Fransbach, 2. Dan.
Als Einstieg in den fachlichen Teil wurde dann in 6 Gruppen aus dem Prüfungsprogramm der Unterstufe (9. bis 7. Kyu) die Grundschule zum 7. Kyu-Grad (Orangegurt) bearbeitet. Jede Gruppe beschäftigte sich mit der vorgesehenen Kombination, die ihrer Gruppennummer entsprach und mit einer frei gewählten. Wie gut muß ein Prüfling das können? Da es gar nicht so einfach ist sich in die eigenen Anfänge zurück zu versetzen, bauten einige Teilnehmende kleine Fehler ein. Das Ergebnis der Gruppenarbeit wurde anschließend der gesamten Gruppe vorgestellt und es folgte ein Austausch zu den Beurteilungskriterien. Übereinstimmend wurde hervorgehoben, dass in der Unterstufe allein die richtige Ausführung der geforderten Techniken im vorgesehenen Bewegungsablauf Schwerpunkt der Beurteilung ist. Zugleich allerdings auch, dass Fehler, die sich durch ein zu frühes fordern von Schnelligkeit und Kraft einschleichen können, später sehr schwer zu korrigieren sind.
Nach einer kleinen Pause ging es dann mit dem Prüfungsprogramm zum 4. Kyu-Grad (Blaugurt) aus der Mittelstufe (6. bis 4. Kyu) weiter. Auch hier wurden zuerst Grundschulkombinationen in Gruppen bearbeitet. Den Schwerpunkt bildeten dann die Partnerformen. Diese Partnertechniken sind eine Vorstufe sowohl für den sportlichen Freikampf als auch für die Selbstverteidigung. Da es sich um Lernformen handelt kommen nur abgesprochene Techniken zur Auswahl. Dabei wurden Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser 2 Prüfungsanforderungen näher betrachtet. Die Lernformen, die eine Vorbereitung auf die Selbstverteidigung sind werden Yakusoku-Kumite genannt. Yakusoku heißt „ich verspreche“. Gemeint ist damit, dass die vorzuführenden Techniken beiden Partnern bekannt sind und sie sich gegenseitig versprechen, sich an diese eingeübte Abfolge zu halten. Die Vorübungen zum sportlichen Freikampf werden als Jiyu-Ippon-Kumite bezeichnet. Frei übersetzt heißt das, teilweise abgesprochener Kampf auf einen Punkt. Festgelegt ist hier nur noch der Angriff eines Partners mit vorgeschriebener Technik. Abwehr und Konter sind frei und der Bewegungsablauf orientiert sich insgesamt an den Regeln des sportlichen Wettkampfes.
In dieser Mittelstufe ist die richtige Koordination des Bewegungsablaufes Schwerpunkt der Beurteilung.
In den Prüfungen der Oberstufe kommt es dann auf die kraftvolle Ausführung der Techniken mit richtiger Koordinantion des Bewegungsablaufes an. Aus dem Prüfungsprogramm der Oberstufe (3. bis 1. Kyu) wurde lediglich eine Grundschulkombination ausgewählt, die abweichend von allen anderen einen Übergang in Bewegungsmuster für den sportlichen Freikampf beinhaltet. Danach lenkte Frank Beeking das Augenmerk auf die zum 1. Kyu-Grad (Braungurt) geforderte Kata Bunkai Gekisai I und II. Prüfungsaufgabe ist hier, die in der Kata gezeigten Techniken mit einem Partner vorzuführen. Die Kata werden auch als Schlüssel der jeweiligen Stilrichtung bezeichnet und alle Kata einer Stilrichtung - im Goju-Ryu sind das 12 Hauptkata - bilden weitgehend die Handlungsoptionen in der Selbstverteidigung ab. Daher kommt es darauf an, hier mit dem Partner Situationen herbeizuführen in denen die Techniken aus der Kata unverändert eine sinnvolle Anwendung finden.
Auf den ersten Blick erscheint das häufig schwierig und dann werden schon mal Abläufe einer Situation angepasst. Doch genau das Gegenteil sollte das Ziel sein. So werden Passagen, die in der Kata in der Vorwärtsbewegung gezeigt werden in der Anwendung dann im Zurückgehen gezeigt. Die Auseinandersetzung mit der Frage „was muss geschehen damit eine Veränderung nicht erforderlich ist“ führt zu neuen Gestaltungsmöglichkeiten.
Die in Gruppen erarbeiteten Lösungsansätze wurden anschließend vorgestellt und bewertet.
Nach einer größeren Pause folgte dann im Jahnzimmer des TV Jahn noch ein theoretischer Teil. Besprochen wurden die Verfahrensregeln zur Durchführung einer Kyu-Prüfung, die Aufgaben des Prüfers und die Voraussetzungen, die Karate-ka erfüllen müssen um an einer Prüfung teilnehmen zu können. Daraus ergab sich ein reger Austausch zu den Erfahrungen im Trainingsbetrieb allgemein und auch zu den Besonderheiten der letzten 2 Jahre.
Frank Beeking bedankte sich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die sehr aktive und partnerschaftliche Arbeit während der 5 Lehrgangsstunden.
Rheine, 04.04.2022